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Sim Tactics - Formationsflug 20.01.03

Formationsflug in der Praxis

Original von Paul "Outlaw" Guhl
Anpassung und Ergänzung K. Hagen (Col. "Bad News", 23rd VFS Hawks)

Formationen sind von essentieller Bedeutung für die erfolgreiche Durchführung von Kampfmissionen. Die Formation muss im Verlauf des ganzen Einsatzes eingehalten werden. Sollten während der Kampfhandlungen die Package Mitglieder aus den Augen verlieren, befolgen sie alle Maßnahmen, die in der allgemeinen Formationsanweisung beschrieben wurden. Moderne [aber eigentlich schon seit Anfang der mil. Luftfahrt] Kampfflugzeuge werden nie einzeln auf Kampfmissionen geschickt, es reduziert die Überlebenschancen der Maschine und der Besatzung, sowie die Vernichtungswahrscheinlichkeit des Einsatzziels.

Es gibt zahlreiche Formationen, die je nach Einsatzlage und Auftrag ausgewählt und geflogen werden. Die Formation kann im Verlauf des Einsatzes je nach Kampflage verändert oder modifiziert werden. Die Verantwortung für Effektivität und Sicherheit der gewählten Formation obliegt ausschließlich dem Package Leader (Flight Leader). Formationsbefehle werden nur vom Flight Leader erteilt und müssen sofort nach Bestätigung aller Besatzungen unmittelbar ausgeführt werden. Der taktische Einsatz des Packages ist ausschließlich sein Verantwortungsbereich.

Ein Flight Leader muss für seine Funktion qualifiziert sein und über Führungserfahrung verfügen. Im 23rd VFS sollte ein Flight Leader min. den Rang eines Captain führen. Nur in Ausnahmefällen kann ein befähigter und kurz vor der Beförderung stehender 1st Lieutenant als Flight Leader eingesetzt werden.

Alle Mitglieder des Packages unterstützen sich gegenseitig. Durch versetzte Positionen im Flight können die Piloten sich einen besseren (visuell, RWR Anzeige und Radar Schirm) Gesamtüberblick über die Lage verschaffen. Sie warnen den Leader über unmittelbare Bedrohungen, die er nicht oder noch nicht erkannt hat: IR SAM Abschuss, gezieltes Feuer der Flak, aufsteigende Feindjäger u.s.w.

I.d.R. hat der Flight Leader den besten Überblick nach vorn. Sein Wingman (wenn er an seinen Rechten fliegt) beobachtet ständig die linke Flanke des Flights, da er im Flug ständig den Leader im Auge behalten muss und somit diese Seite visuell besser observieren kann. Umgekehrt gilt es für das zweite Element (falls vorhanden).

Formationen werden grundsätzlich nicht verändert, wenn:
  1. Unter 500ft AGL geflogen wird
  2. Schlechte Sichtverhältnisse gegeben sind
  3. Nachteinsatz ohne Nachtsichtausrüstung geflogen wird
  4. High G Manöver ausgeführt werden

Jede Formation hat ihre praktische Verwendung und wird hier im Detail beschrieben:

Wedge
Arrow Head
Echelon
Spread
Box
Trail
Res Cell
Line



Wedge

 
Eine der grundlegenden Formationen ist die Wedge Formation. Sie ist leicht auszuführen und kann problemlos sogar bei High G Manövern eingehalten werden. Sie wird primär in A/A Missionen verwendet und außerdem oft bei Anflügen auf A/G Ziel eingesetzt. Die Package Mitglieder haben eine gute Übersicht und können sich gegenseitig unterstützen. Chainsaw oder Pince Manöver sind schnell einzuleiten.

Aufgabenverteilung:
  1. Ist der Package Leader. Er hat die beste Übersicht nach vorn. Deswegen werden in den meisten Fällen Ziele & Bedrohungen von ihm entdeckt. Diese Position darf nur von erfahrenen und als Leader qualifizierten Piloten belegt werden.
  2. Wingman des Flight Leaders. Er sichert linke Flanke des gesamten Flights UND (zusätzlich) des 2 Elements ab.
  3. Element Leader. Obwohl er ein Leader ist und das Kommando über den 4 Wingman hat, befolgt er Anweisungen des Flight Leaders. Ein Element Leader hat min. den Rang eines 1st Lieutenant. Sein Job ist es, die rechte Flanke und das 1 Element abzusichern. Piloten mit Formation- & Einsatzerfahrung haben die besten Voraussetzungen für diesen Job.
  4. Wingman 4 ist meist der unerfahrenste Pilot des Flights und sichert das gesamte Package visuell ab.

ACHTUNG
2 & 3 liegen nicht auf dem gleichen Level!!! Nr. 3 fliegt leicht nach hinten versetzt (dadurch werden Mid Airs beim Manövrieren vermieden). Diese Formation ist absolut ungeignet für Bodenangriffe: durch Splitterwirkung würden die Piloten sich gegenseitig in Gefahr bringen
Wedge



Arrow Head

Arrow Head ist eine Abhandlung der Box Formation (siehe weiter unten) und wird zu Ehren des Erfinders "Joe Bob" Viereck genannt (berühmter F-4/F-16 Pilot). Sie bietet gute Absicherung nach hinten für das 1 Element. Sie empfiehlt sich, wenn das 1 Element einen Bodeangriff einleitet, während das 2 Element (mit entsprechender Bewaffnung) Deckung gegen feindliche Jäger von vorne und von hinten bietet. Diese Formation bietet keinen so guten Überblick wie die Wedge und wird selten eingesetzt. Der Wingman 4 ist meistens schutzlos und ist auf sich gestellt.
Arrow Head



Echelon

 
Die Echelon Formation eignet sich am besten für größere Strike Packages (mehr als 4 Flugzeuge). Sie bietet optimale Flexibilität und ist noch relativ leicht einzuhalten. Sie kann sowohl rechts (wie auf dem Bild), als auch links ausgerichtet sein. Die Entscheidung über die Ausrichtung der Formation ist nur von der Anzahl der Rechts- & Linkskurven der Einsatzroute abhängig.
Aus dieser Formation heraus können leicht zeitversetzte Angriffe auf Bodenziele eingeleitet werden (siehe unter "taktische Formationsverwendung"), die SAM und AAA Bedrohungen umgeflogen werden und defensive Maßnahmen gegen Bedrohungen aus der Luft ausgeführt werden.
Die Formation kann ohne Veränderung gegen Flächenziele verwendet werden.
Das Package hat maximale Feuerkraft nach vorn und kann sich effektiv gegen feindliche Jäger aus allen Richtungen verteidigen (die Betonung liegt auf verteidigen!).
Eng geflogen, kann sie schwer von anderen Flugzeugen aufgeschaltet werden. Außerhalb von 20nm ist es praktisch unmöglich die wirkliche Anzahl der Flugzeuge festzustellen. Echelon kann durch die Tiefe der Formation nur sehr schwer bekämpft werden. Während die Gegner das 1/2 Flugzeug angreifen, können andere Flugzeug ihnen in den Rücken fallen, aus Höhe oder Tiefflug (oder sogar beides) den Feind angreifen. Alle vorstellbaren taktischen Manöver können aus Echelon heraus eingeleitet werden.

ACHTUNG
Echelon bedarf ständiger Konzentration und guter Koordination durch den Flight Leader, alle Manöver breiten sich wellenförmig aus (wenn z.B. Wingman 2 weiter nach rechts rutscht, kommt das ganze Package in Bewegung)
Die Wingman orientieren sich NUR an dem jeweiligen Leader (W2 am Leader, W3 an W2 u.s.w.), seid also auf plötzliche Bewegungen gefasst.
Echelon bietet ihre Vorteile, muss aber fleißig geübt werden. Gut geflogen ist sie unschlagbar.
Echelon



Spread

 
Die Spread Formation hat nur 2 Verwendungszwecke und ist NIE die primäre Formation für den Reiseflug. Sie ist schwer einzuhalten beim Wenden und gefährlich im Luftkampf. Dennoch hat sie ihren praktischen Nutzen: wenn das Package eine stark durch AAA und SAM verteidigte Front (Küstenlinie, FLOT) überfliegt, kann das Risiko durch Spread Formation stark reduziert werden. Die meisten Abwehrsysteme sind nicht im Stande mehrere Ziele, die GLEICHZEITIG ins Gefahrenbereich kommen und aggressiv ECM Maßnahmen einsetzen, zu bekämpfen. Meist werden sich die SAM Operatoren für ein/zwei Ziele entscheiden müssen, während die restlichen Maschinen ungehindert durchfliegen können. Spread wird unmittelbar vor dem Einflug in den Gefahrenbereich eingenommen nach dem Überflug wieder gewechselt. Sie kann rasch aus der Echelon Formation transformiert werden (hier müssen die Flugzeuge nur schnell aufrutschen). Die erste koordinierte Kurve wird automatisch Spread in Echelon umwandeln.
Weiterer Verwendungszweck: schnelle Flächenangriffe mit Lenkwaffen wie Maverick, HARPOON oder HARM. Sollte es notwendig sein, einen schnellen Überraschungsangriff mit Lenkwaffen auszuführen, wird die Spread eingesetzt.
Spread



Box

 
Die Box Formation ist eine kompakte Formation für Bodenangriffe, sie ist optimal für 4 Flugzeuge, die im Tiefstflug an ihr Ziel heranpirschen müssen. Die Formation bietet gute Übersicht, ist leicht einzuhalten und kann sich effektiv gegen aus allen Richtungen kommende Bedrohungen verteidigen.

Perfektes Geschwindigkeitshandling ist notwendig, um diese Formation ohne ständiges (und im Tiefflug gefährliches) Umschauen einzuhalten. Durch Höhenunterschied zw. den beiden Elements kann diese Formation auch zur SAM Bekämpfung eingesetzt werden. Nur durch Ansage des Leaders kann sie eingehalten werden, achtet drauf. Alle möglichen Manöver, Geschwindigkeiten und G's für jeweilige Wenden müssen vor dem Einsatz im Briefing festgelegt werden.

Ferner kann Box auch von Escort Packages eingesetzt werden. Auf diese Weise sind Strikers effektiv gegen alle Bedrohungen gesichert.
Box



Trail

Trail ist und bleibt eine der beliebtesten Formationen für A/G Angriffe und kann in allen Höhen eingesetzt werden. Durch größeren Abstand zw. dem 1 & 2 Element wird ausreichender Sicherheitsabstand für den Einsatz von Bomben gewährleistet. Beim Zielanflug sichert zusätzlich das 2 Element den rückwärtigen Raum gegen Feindflugzeugen und SAM ab. Das 1 Element führt die erste Angriffswelle durch und räumt das Zielgebiet von Bedrohungen aus der Luft oder SAM/AAA (falls HARM oder Maverick mitgeführt werden) frei.

ACHTUNG
In Trail Formation dürfen vom 2 Element KEINE A/A Waffen gegen Bedrohungen nach vorne eingesetzt werden!!! Sollten vom 2 Element die Gegner angegriffen werden, müssen Wingman 3& 4 um mind. 300ft für AIM-12//-7 und 500 oder mehr für Aim-9 aufsteigen. Trotz der Radarerfassung kann die Sidewinder, abgeschossen durch die Höhe des 1 Elements, falsche Ziele erfassen und eines der eigenen Flugzeuge abschießen!
Trail



Res Cell

 
Die "Res Cell" Formation wird überwiegend in BVR Kämpfen praktiziert. Außerhalb der 20nm Grenze ist es dem Gegner unmöglich festzustellen, wie viele Jets in der Formation sind. Res Cell bietet maximale Feuerkraft nach vorn und ist gleichzeitig durch Wingman in alle Richtungen visuell abgesichert. Alle taktischen A/A Abfang- & defensiv Manöver können aus Res Cell eingeleitet werden. Dennoch muss diese Formation aufgelöst werden, bevor der Gegner die 10nm Grenze unterschreitet und der BVR Angriff zum Dogfight wird. Anderenfalls operieren zu viele Jets auf engem Raum, Kollisionen sind nicht auszuschließen. Res Cell eignet sich auch für den Zielanflug aus allen Höhen. Unmittelbar vor dem A/G Waffeneinsatz wird die Formation in Trail oder Line transformiert. Sie ist kompakter als Wedge und ist in einigen Situationen besser geeignet. Z.B. zum Durchflug enger von SAM unerreichbarer Korridoren. Res Cell



Line

 
"Last but not least", die "Line" Formation. Sie eignet sich ausschließlich für A/G Angriffe, Zielan- & -abflüge unter 500ft und mit beliebigem Abstand zw. einzelnen Maschinen. Sie ist leicht einzuhalten und kann unproblematisch durch alle Manöver und Höhen eingehalten werden. I.d.R. wird der Abstand zw. den einzelnen Flugzeugen vergrößert, je stärker die eingesetzten A/G Bomben in ihrer Splitterwirkung sind. Der große Nachteil der Line ist, dass der Leader und der letzte Wingman auf sich angewiesen sind. Der Leader einer Line bewertet das vor ihm liegende Terrain, nutzt Terrain Masking und versucht den SAM und AAA aus dem Weg zu gehen. In Line können sehr enge luftabwehrfreie Korridoren durchflogen werden. Der Leader muss über große Führungs- und Einsatzerfahrung verfügen. Um Line Formationen erfolgreich einzusetzen, muss er seine Manöver ankündigen und was noch wichtiger ist: seine Wendepunkte für alle Piloten deutlich beschreiben. KEIN Flugzeug des Flights darf aufsteigen, um visuellen oder Radar Kontakt zu seinem Vordermann herzustellen. Präzise Höhe/Kurs/Geschwindigkeit sind die Voraussetzungen für erfolgreichen Einsatz der Line. Vor dem Flug werden sämtliche Abschnitte der Route, die in Line durchgeflogen werden, abgesprochen. Mit ausgeschaltetem Radar und Funkdisziplin kann das Package lange Zeit (bis zum Angriff) unsichtbar bleiben.

Eine Variation der Line ist die Ladder Formation. Im Gegensatz zur Line fliegen die Maschinen mit einem Höhenunterschied hintereinander. Ladder wird eingesetzt, wenn das Ziel massiv durch Luftabwehr verteidigt wird. Durch Höhenunterschied und die Tiefe der Ladder, kann sie nur schwer bekämpft werden. Während die Wingman in großer Höhe die Aufmerksamkeit der SAM Operatoren auf sich locken, fliegt der Leader schnell und unentdeckt unter Ausnutzung des Terrains (optimalerweise ohne Radar und ECM Einsatz) auf das Ziel heran und bekämpft es BEVOR der Wingman in den Gefahrenbereich eindringt.
Line